Freitag, 1. September 2006
ComputerLügen (3): Email: überall mit jedem verbunden.

Erinnern Sie sich noch an die ersten Email-Kontakte ?

  • zur Erinnerung: damals war Email noch etwas exotisches zwischen Leuten die Auserwählt waren (oder sich zumindest dafür erachteten) und nicht wie heute wo man mühsam die wichtigen Nachrichten wie die wenigen genießbaren Brocken aus einem Mülleimer herausfischen und noch dazu Angst haben muss, sich was zu holen.

  • Damals dachten wir: Mit Email

    • kannst Du mit jedem Menschen auf der Welt Kontakt aufnehmen, herrlich !
    • geht die Kommunikation sofort und du brauchst nicht tagelang auf den ersehnten Brief zu warten
    • kannst Du das Porto für die Lutpost nach Amerika sparen, oder die teuren Gebühren für den Anruf.
    • brauchst Du die Einladungen für die Vereinstreffen nicht mehr kopieren und mit dem Fahrrad austragen.
    • wenn erst alle Email haben beginnt die goldene Zeit der Kommunikation.
    Doch was ist daraus geworden ?
    • Natürlich kann ich im Prinzip mit jedem Menschen auf der Welt kommunizieren
    • Von meinem Onkel aus Uganda habe ich die Email-Adresse und auch von allen Verwandten in meinem Adressbuch
    • aber ich schrieb dem Onkel keine Emails, weil ich auch sonst ihm keine Briefe geschrieben habe.
    • Wir kommunizieren nur mit den gleichen Leuten mit denen wir eh schon in Kontakt sind,
    • nur schneller, schriftlicher (wir hören weniger die Stimme des anderen) und manche Leute erwarten sogar sofort eine Antwort.
    • Ganz zu bedauern sind m.E. die Zeitgenossen, die bei Verrichtung einer anderen (sinnvollen) Tätigkeit am Computer von neu eintreffenden Emails akustisch aufgeschreckt und unnötig abgelenkt werden.
    • Dafür haben andere (schlechtere) Menschen entdeckt, wie billig es ist, mir Mails zu schicken, die ich nicht haben will, die ich aber doch
      erst mal herunterladen / durchblättern muss, weil sie sich neben meinen wichtigen Mails ach so wichtig gebärden.
    • Ich muss mich jeden Tag durch anzügliche Betreffs quälen, die ich sonst nie zu Gesicht bekäme und muss mich in meinem Inneren verletzen lassen.
    • Neben vielem anderem beherrschen die meisten Email-Schreiber die Kunst des richtigen Zitierens nicht. Warum muss ich mich seitenweise durch mit
      Dreiecken verzierten Text wühlen, den ich schon kenne, weil ich ihn ja geschrieben habe, nur am Ende als Antwort zu finden. "OK das machen
      wir so." Das könnten wir auch einfacher haben. Müssten die Leute auch nur ansatzweise die Bytes bezahlen, die sie da zurückbouncen,
      würde diese Unsitte schnell aufhören.
    • Noch schlimmer ist es seit es die MIME-ttachments gibt. Zu Anfangszeiten von Email galt das unaufgeforderte Zusenden von Dateien > 200 KB als unsittlich. Heute fordert der Breitbandanschluss seinen Tribut. Ohne zu fragen werden Mails mit Anhängen im MB-Bereich verschickt, öfters auch an ganze Listen, dann lohnt es sich ja gleich richtig.
    • Schweigen wir von Unsinnigkeiten wie HTML-Mail, die ganze Sicherheitsbreschen reißen, aber als Standard-Einstellung bei Ausguck erst mal da sind,
      oder von Leuten, die Mails in Word schreiben, weil sie die vielen Möglichkeiten der Formatierung nicht missen wollen.
    • Nicht auszudenken was jetzt auf uns zukommt, wenn das alles noch zum Zwecke der Terrorbekämpfung halbjahrelang gespeichert werden soll. Die Lösung soll hier wieder einmal (wen wunderts) der Computer sein, der Myriaden
      von Emails auf irgendwelche verdächtigen Stichworte scannt. Die Absurdität dieses Ansinnens ist jedem IT-Fachmann klar, der die Größe einer Festplatte berechnen kann.
    • Mich würde es nicht wundern, wenn Petrus, wenn ich dereinst vor dem Himmelstor stehe in meinen längst vergessenen Emails und URLs auf
      der himmlischen Festplatte blättern und dann mit fachmännischem Blick sagen würde: "War doch kein Problem, Eure irdische Langzeitspeicherung, die Ihr angeleiert habt anzuzapfen."
    Fazit: Email ist an sich eine feine Sache, doch seit sich die Spammer der Sache angenommen haben, ist es wie mit der Atomkraft, sie ist fast mehr Segen als Fluch und immer weniger zu kontrollieren.

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