Montag, 4. September 2006
Filme 3: Reise nach Kandahar
Letzte Woche liefen - auch in Erinnerung an die 9/11-Geschichte in
3Sat verschiedene sehenswerte Beiträge (Titel habe ich nur noch ungefähr
im Kopf), die sich dem Thema auf sehr verschiedene Weise näherten.

Reise nach Kandahar

Dieser Film hat mich an diesem Abend am meisten beeindruckt, weil er
neben den unvergleichlichen Landschaftsaufnahmen auch das Leid und die
Armut der Menschen zeigt, die trotzdem ihr Schicksal mit Humor nehmen.
Das Dokudrama spielt zur Zeit der Talibanherrschaft in Afghanistan.
Eine junge Afghani, die vor der Taliban nach Kanada geflohen ist hat dort
ein Stipendium zur Ausbildung als Journalistin erhalten. Jetzt kehrt sie
nach Afghanistan zurück, um das Leben ihrer Schwester zu retten die
in Kandahar im Gefängnis sitzt und sich beim Neumond aus Verzweiflung das Leben nehmen
will.
Die "Reise nach Kandahar" von Iran aus wird zu einer Hindernistour wie
man sie sonst nur aus Albträumen kennt:

  • Damit sie mit einer anderen Familie aus Iran mitreisen kann muss sie sich
    komplett in eine Burka verhüllen.
  • Unterwegs wird die Familie von Wegelagerern ihrer wenigen Habe und ihres
    kleinen Dreirad-Autos beraubt und muss zu Fuß durch die Wüste
    weiterziehen.
  • In der nächsten Stadt kehrt die Familie resigniert um und sie muss
    alleine weiter ziehen.
  • Zwischendurch sehen wir, wie ein kleiner armer Junge, der als einiziger
    Versorger seiner Mutter übrig geblieben ist, seinen Traum aufgeben
    muss, Imam zu werden, weil er in der Koranschule nicht den richtigen Rhythmus
    des Rezitierens kopieren kann. Der Lehrer verstößt ihn von der
    Schule, er muss sein weißes Gewand an einen anderen ebenso armen
    Nachrücker abgeben und macht sich auf Arbeitssuche.
  • Er trifft auf die fremde Frau, die einen Führer nach Kandahar sucht
    und macht sich gegen Geld mit ihr auf den Weg.
  • Der Weg zu Fuß soll drei Tage dauern, sie hat aber nur noch zwei
    Tage Zeit, ihre Schwester in Kandahar zu retten.
  • Unterwegs in der Wüste verlässt der junge Führer sie um
    nach Schätzen zu suchen und findet auch prompt einen Ring an einer
    skelettierten Leiche am Weg.
  • Die Frau rennt zurück durch die weglose Wüste, der Junge, der
    ihr den Ring verkaufen will hinterher.
  • Wegen verdorbenem Brunnenwasser muss sie sich zu einem einheimischen Doktor
    begeben. Was nun folgt zeigt so eindrücklich die (für unsere
    Augen) absurde Situation einer ärztlichen Untersuchung in diesem Umfeld:
    • Der Doktor fragt den Jungen nach den Symptomen, der Junge muss die (verborgene)
      Frau fragen und wieder dem Doktor antworten und so geht es dauernd hin
      und her.
    • Schließlich muss sich die Frau hinter einem Tuch mit einem winzigen
      Loch der weiteren Untersuchung stellen
    • Als der Doktor flüsternd ihr mitteilt, dass er eigentlich US-Amerikaner
      ist, gerät das ganze zum Vexierspiel.
  • Schließlich transportiert der Doktor sie mit seinem Pferdewagen in
    das nächste Rot-Kreuz-Camp, wo übermüdete dänische
    ? Rotkreuzhelfer versuchen, den Menschen, die durch Minen Gliedmaßen
    verloren haben mit Prothesen zu helfen. Es schließt sich eine Jahrmarktähnliche
    Feilscherei um die richtigen Gehhilfen an, die nicht einer gewissen Komik
    entbehrt.
Leider musste ich an der Stelle abbrechen, aber der Film hinterließ
tiefe Eindrücke bei mir...

Nicht nur, dass die Situation im ländlichen Afghanistan wahrscheinlich
heute kein Deut besser ist, weil die versprochenen Aufbauhilfen des Westens
eben doch nicht eingehalten wurden. Sondern auch, wie hoffnungslos die
Situation in diesem dürren Land wirklich ist.
 
 

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